Gesundheit

Ganzheitliche Gesundheit ist ein Schlüssel zu einer geschlechtergerechten Gesellschaft

Im Jahr 2016 fanden die 26. Auricher Frauenwochen zum Thema Gesundheit statt. Die Definition der WHO macht deutlich, dass Gesundheitsfragen verschiedene Aspekte berücksichtigen müssen. Nicht nur der Körper, sondern auch die Psyche und die sozialen Rollen sind für unser Wohlbefinden elementar und wirken sich auf die Gesundheit aus. Damit geraten die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für eine gesunde Lebensführung in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Eine zentrale Frage für Frauen ist, ob und wie es möglich ist die (oft widersprüchlichen) Anforderungen und Rollenerwartungen zu erfüllen und dabei in ein harmonisches Gleichgewicht zu finden. (Wie) ist das möglich?

„Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“

Weltgesundheitsorganisation WHO, 1948

Die Rollenbilder für Frauen haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten erheblich erweitert: Frauen steht die Welt offen, sie haben die freie Wahl! Doch ist das wirklich so – oder sind die Rollenzwänge nur subtiler geworden? Welche Auswirkungen haben Rollenbilder auf die Gesundheit von Frauen? Wie können wir mit Ambivalenzen und Widersprüchen umgehen? Dazu einige Beispiele:
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Frauen machen bessere Schul- und Ausbildungsabschlüsse als Männer und zeigen damit gute Anpassungsleistung an unser Schulsystem. Doch was ist der Preis für die hohe Anpassungsfähigkeit und Leistungsorientierung?

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Frauen streben Berufskarrieren an und leisten dabei sehr viel. Zahlreiche Studien machen deutlich, dass Frauen im Beruf mehr Leistung erbringen müssen als Männer, da sie beweisen müssen, dass sie Kompetenzen haben obwohl sie kein Mann, sondern nur einer Frau sind. Die großen Widerstände gegen Frauen in Führungspositionen können (zusätzlich zu dem enorm hohen Leistungsdruck) Krankheit fördern.

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Frauen, die Erfolge im Beruf feiern wollen müssen viele Verletzungen einstecken, von Kollegen und Kolleginnen. Sie werden oft aus Gruppen ausgeschlossen oder als „anders“ wahrgenommen. Auch diese ständigen Konflikte bedeuten einen zusätzlichen Stress und können krankmachen.

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Die Arbeitsbedingungen in den sogenannten „Frauenberufen“, die für den Zusammenhalt in der Gesellschaft unerlässlich sind, zeichnen sich durch schlechte Arbeitszeiten, hohe psychische Belastungen, wenig Aufstiegsmöglichkeiten und eine geringe Bezahlung aus. Frauen versuchen oft mit einem hohen Idealismus und persönlichem Einsatz die schlechten Rahmenbedingungen „wegzulächeln“ und geraten dadurch in Burn-out-Gefahr.

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Schönheit ist für Frauen eine Verpflichtung. Sie stecken ein Vermögen in Kosmetik und Schönheitsoperationen. Sie hungern, um perfekt auszusehen. Werbung und Medien setzen hohe Ideale, die Frauen nur sehr kurzfristig erfüllen können. Der Schönheitswahn kann zu Essstörungen, einem gestörten Selbstwertgefühl und Depressionen führen.

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Haben Frauen die Wahl, ob sie eine Familie gründen und Kinder bekommen oder nicht? Oft müssen sie sich dafür rechtfertigen, wenn sie keinen Kinderwunsch haben. Auch das kann sehr anstrengend sein und – manchmal auch unterschwellig – als Angriff wahrgenommen werden.

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Wollen Frauen Karriere und Kinder miteinander hinbekommen, müssen sie sich mit beiden Themen extrem beeilen. Gleichzeitig werden sie zerrissen von einem Spagat: Auf der einen Seite müssen sie sich im Beruf rechtfertigen, warum sie nun gerade zu diesem Zeitpunkt ein Kind bekommen wollen. Auf der anderen Seite geraten sie im Privatleben oft unter Druck, weil sie keinen geeigneten Zeitpunkt finden, um den Kinderwunsch zu realisieren oder die Rahmenbedingungen noch nicht passen. Dann muss auch noch die biologische Uhr berücksichtigt werden, die schnell abläuft. Auch dieser Druck kann zu einer Zerreißprobe werden.

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Was ist, wenn sich der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, weil es einfach nicht klappt? Ein Kind können wir nicht bestellen, es gibt keine Garantien, dass sich dieser Herzenswunsch erfüllt. In den Kinderwunschkliniken werden die spannungsreichen Lebenswege von Paaren deutlich, wenn es mit einer Schwangerschaft nicht klappt.

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Wenn Paare eine Familie gründen, verstärkt sich eine traditionelle Rollenteilung, in der Frauen die Hauptverantwortung für die unbezahlte Fürsorgearbeit in den Familien in den Familien übernehmen. Damit geraten sie oft in eine finanzielle Abhängigkeit, die zu Selbstwertproblemen und psychischen Störungen führen kann.
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Auch Gewalterfahrungen im Laufe des Lebens tragen dazu bei, dass körperliche und seelische Wunden entstehen, die nur bedingt heilen. Jede 3. Frau erfährt im Laufe ihres Lebens häusliche oder sexualisierte Gewalt. Diese Erfahrung prägt und hinterlässt Narben

Diese Beispiele machen deutlich, dass die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Rollenerwartungen zentrale Aspekte beim Thema Frauengesundheit sind. Das Rollenkorsett ist eng und führt zu frauenspezifischen Gesundheitsstörungen wie z.B. Essstörungen, Medikamentenabhängigkeit, Burnout. Eine geschlechterbewusste Gesundheitsförderung ist unbedingt erforderlich.

Ansprechpartnerin

Birgit Ehring-Timm

Gleichstellungsbeauftragte Stadt Aurich

ehring-timm@stadt.aurich.de
Tel.: 0 49 41 – 12 19 00

Portraitfoto von Birgit Ehring-Timm, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Aurich