Frauenwochen 2025

Eröffnungsrede 35. Auricher Frauenwochen der Ersten Stadträtin Laura Vorwerk

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
liebe Arbeitsgemeinschaft Auricher Frauen,

mir wurde die große Ehre zuteil, hier heute die 35. Auricher Frauenwochen unter dem Motto Frauenempowerment eröffnen zu dürfen sowie alle hier recht herzlich zu unserer Ausstellung „Gemeinsam gegen Sexismus“ empfangen zu dürfen.

Heute sind wir hier zusammen, nicht, weil wir die Welt so akzeptieren, wie sie ist, sondern weil wir an die Kraft des Wandels glauben. Wir wissen, dass Frauen mehr verdienen als nur Teilhabe – sie verdienen Gleichberechtigung, Respekt und eine Stimme, die gehört wird.

Wenn ich an den Wandel in unserer Gesellschaft denke, fällt mir das Bild eines kleinen, unscheinbaren Steins ein, der in einen stillen See geworfen wird. Anfänglich kaum bemerkbar, breitet sich seine Wirkung bald in unzähligen Wellen aus, die das gesamte Wasser in Bewegung versetzen. So beginnt auch der Wandel: oft unscheinbar, manchmal fast unsichtbar, doch immer kraftvoll und unaufhaltsam, wenn wir ihn gemeinsam in Gang setzen. Frauenempowerment ist dieser Stein – der Funke, der uns aus dem Schatten der traditionellen Rollenbilder herausholt und uns in ein strahlendes Licht der Gleichberechtigung führt.

Wir alle kennen die Geschichten, die uns täglich begegnen: Die kleine Ungerechtigkeit im Alltag, die wir so oft als normal hinnehmen. Ein kleines Detail, das zu alltäglich geworden ist, aber dennoch zeigt, wie tief Sexismus in unserem Alltag verankert ist. Er beginnt früh in unserem Leben, oft schon im Klassenzimmer, wenn Mädchen übersehen werden, weil der Fokus auf den Jungen gerichtet ist. Im Berufsleben, wo Frauen – obwohl sie brillante Ideen haben – oft erst dann Gehör finden, wenn ein männlicher Kollege sie wiederholt. In Gesprächen, in Meetings und sogar in manchen Familien, wo traditionelle Rollenbilder noch immer als selbstverständlich gelten. Wir dürfen diese alltäglichen Ungerechtigkeiten nicht stillschweigend hinnehmen. Zu oft verharmlosen wir Sexismus: Wir beobachten ihn, verharmlosen ihn als Missverständnis und lächeln ihn schließlich weg. Doch genau dieses Weglächeln ist eine stille Zustimmung, die strukturelle Ungleichheiten verfestigt.

Frauenempowerment bedeutet mehr als nur den Kampf gegen diese Verharmlosung. Es ist der Ruf nach einer Welt, in der jede Frau ihre Träume leben kann, in der jede Stimme gehört wird und in der unser Potenzial erkannt wird – unabhängig von stereotypischen Erwartungen und veralteten Rollenbildern. Es erfordert Mut, gegen den Strom zu schwimmen und zu sagen: „So geht es nicht weiter!“

Die veralteten Rollenbilder, die unser Denken und Handeln noch immer prägen, sind manchmal wie unsichtbare Ketten, die uns zurückhalten. Sie formen Vorstellungen, die oft tief in unseren Köpfen verankert sind, und bestimmen, was als „normal“ gilt und was nicht. Dabei sind es nicht immer die großen, lauten Worte, die den Unterschied machen. Es sind häufig die Kleinigkeiten – ein beiläufiger Kommentar, ein unterschwelliger Blick, ein unterschlagener Vorschlag – die das Fundament einer ungleichen Gesellschaft bilden. Diese kleinen Gesten summieren sich, bis sie eine Mauer errichten, die uns voneinander trennt. Aber wir wissen: Jede Mauer, so fest sie auch sein mag, kann mit dem richtigen Werkzeug eingerissen werden. Und dieses Werkzeug ist unser kollektiver Wille zur Veränderung.

Frauen, die vermögen, diese Mauern einzureißen, werden häufig „zu laut“, „zu empfindlich“ oder „zu fordernd“ wahrgenommen. Wir müssen uns jedoch immer wieder vor Augen führen, dass es oft diejenigen sind, die den Mut haben, den unangenehmen Blick auf die Realität zu wagen. Denn es ist genau dieser Mut, der den ersten Stein ins Wasser wirft und die Wellen des Wandels auslöst.

Jede von uns, jeder von uns kann einen Unterschied machen. Es sind nicht die großen, dramatischen Gesten, die den Lauf der Geschichte bestimmen, sondern die kleinen, unermüdlichen Schritte des Alltags. Jede bewusste Entscheidung, Sexismus nicht zu tolerieren, sondern offen anzusprechen, ist ein Schritt in Richtung Freiheit. Jede Stimme, die veraltete Rollenbilder anprangert, ist ein Schlag gegen die Ungerechtigkeit. Und jede von uns, jeder von uns, der sich entscheidet, aktiv zu werden, hilft, die unsichtbaren Ketten zu sprengen, die Frauen noch immer zurückhalten.

Stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn wir alle – unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht oder beruflichem Status – gemeinsam an einem Strang ziehen würden. Wenn jede von uns, jeder von uns bereit wäre, auch die kleinsten Anzeichen von Sexismus nicht länger zu übersehen, sondern sie in den Mittelpunkt des Bewusstseins zu rücken. Dann würden sich die Kreise, die heute nur sanfte Wellen sind, zu mächtigen Wellen der Veränderung vereinen. Wir würden eine Gesellschaft formen, in der Gleichberechtigung nicht nur ein Ideal, sondern gelebte Realität ist; in der Frauenempowerment nicht nur ein Slogan, sondern der Motor des Fortschritts ist.

Lassen Sie uns den heutigen Abend als einen Meilenstein begreifen. Lassen Sie uns den Blick schärfen für die oft unsichtbaren Formen des Sexismus, die uns immer noch begleiten. Denn nur, wenn wir den ersten Stein ins Wasser werfen, können die Wellen der Veränderung beginnen, sich auszubreiten. Jede von uns, jeder von uns trägt die Verantwortung und gleichzeitig die Kraft in sich, aktiv zu werden. In diesem Sinne: Lassen Sie uns mutig sein! Sprechen wir an, was ungesagt bleibt. Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Ihre Worte als „zu sensibel“ abgetan werden. Denn es ist dieser Mut, der den Unterschied macht. Frauen und alle, die an Gleichberechtigung glauben, arbeiten täglich daran, den Raum für Veränderung zu erweitern und die Fundamente einer gerechteren Gesellschaft zu legen.

Ein inspirierendes Beispiel dafür war die gebürtige Auricherin Ingrid Buck, Volkskundlerin und die erste und bisher einzige Landschaftsrätin der Ostfriesischen Landschaft. Sie schuf ein Archiv, auf das sich die Forschung in Ostfriesland – und insbesondere das Historische Museum der Stadt Aurich mit seinem frauenhistorischen Schwerpunkt – stützen kann. Ihr Engagement ist ein inspirierendes Beispiel dafür, dass jeder von uns die Fähigkeit hat, Veränderungen herbeizuführen und aktiv an der Gestaltung unserer Geschichte mitzuwirken. Deshalb ist sie auch Teil der Veranstaltung „Sieben frauenORTE“ auf der ostfriesischen Halbinsel. Ich selbst habe das große Glück, künftig in der Ingrid-Buck-Straße wohnen zu dürfen und ich bin stolz darauf!

Und viele ähnliche Vorbilder haben sich auch heute hier versammelt:

Ein besonderer Dank gebührt heute allen, die sich ehrenamtlich für diesen Wandel einsetzen und die Wellen des Wandels immer höher schlagen lassen. Die Arbeitsgemeinschaft Auricher Frauen ist ein leuchtendes Beispiel für gelebten Einsatz und unermüdliches Engagement. Dieses Netzwerk engagierter Frauen hat es sich zur Aufgabe gemacht, gesellschaftspolitische und gleichstellungsrelevante Themen in die Öffentlichkeit zu tragen. Sie stehen Tag für Tag dafür ein, dass die Themen, die uns alle betreffen, nicht länger im Schatten bleiben. Ihr Einsatz ist ein Aufruf an uns alle: Es reicht nicht, nur zuzusehen. Jeder von uns muss ein aktiver Teil des Wandels sein.

Ich möchte auch insbesondere unserer Gleichstellungsbeauftragten, Frau Birgit Ehring-Timm, meinen tiefsten Dank aussprechen. Liebe Birgit, sechzehn Jahre lang hast du mit Herzblut und Ausdauer viel bewegt. Deine Arbeit war für dich immer mehr als nur ein Beruf. Dein Engagement hat Brücken gebaut, die uns heute den Weg in eine Zukunft weisen, in der Frauenempowerment mehr als nur ein Schlagwort ist.

Und jeder Erfolg schreibt bekanntlich auch den Anfang eines neuen Kapitels. Deshalb freut es mich besonders, dass wir heute auch unsere künftige Gleichstellungsbeauftragte, Frau Anna Eggers, willkommen heißen dürfen. Sie tritt in große Fußstapfen. Liebe Anna, ich wünsche dir für deine neue Aufgabe viel Erfolg und Freude, aber auch Geduld und Durchhaltevermögen. Und denk bitte immer daran: Du bist nicht allein!

Lassen Sie uns diese Frauenwochen nutzen, um die Stärke und den Mut in uns allen zu entfachen. Lassen Sie uns inspirieren, informieren und aktiv werden. Es ist an der Zeit, die Wellen des Wandels immer weiter auszudehnen, bis sie jeden Winkel unserer Gesellschaft erreicht haben. Es ist an der Zeit, in unserem Alltag mutig zu handeln: wenn wir sexistische Bemerkungen hören, sprechen wir sie an. Wenn wir Ungerechtigkeiten sehen, setzen wir uns dagegen ein.

Lassen Sie uns nicht darauf warten, dass sich etwas ändert – lassen wir es gemeinsam geschehen. Jede von uns, jeder von uns kann heute den ersten Schritt tun: ein Wort der Unterstützung, ein Widerspruch gegen Ungerechtigkeit, eine Entscheidung FÜR Gleichberechtigung. Denn nur, wenn wir zusammenstehen, wenn wir unsere Stimmen erheben und unsere Kraft bündeln, können wir die Zukunft gestalten, die wir uns wünschen und die wir alle verdienen.

Ich danke Ihnen allen für Ihre Aufmerksamkeit und Ihren Einsatz. Vielen Dank!